Wir retten die Bienen. Düngen ohne Grundwasserbelastung...

Wir retten die Bienen. Düngen ohne Grundwasserbelastung. Klimaschutz mit CCS auf dem Acker. Wird Biogas zum Teil der Lösung?

Die moderne Biogasnutzung wurde von Biobauern erfunden. Die rasante Aufwärtsentwicklung durch die Nutzung von Agrarüberschüssen und den nawaRo-Bonus (seit 2004) getragen.

Der Niedergang von Biogas kam mit der Tortilla-Krise (2007), die von ganz anderen Entwicklungen ausgelöst wurde. Heute gilt nur als vertretbar, wenn Biogasanlagen Reststoffe und Gülle vergären – und damit kostengünstig die  Entsorgungsprobleme der Abfallwirtschaft und der Viehhaltung lösen.

Bisher gibt es noch keine Strategie, die für eine stoffliche Nutzung aller gärfähigen Reststoffe und die getrennte Sammlung von Bioabfällen vorschreiben würde. Mit einfachen politischen Maßnahmen könnte die Rohstoffversorgung für Biogas gelöst, die Kosten auf die Entsorger abgewälzt und der Strom aus Biogas deutlich kostengünstiger werden.

Doch wenn weniger Mais, GPS, Rüben oder andere Substrate angebaut werden müssten, fehlt die Wertschöpfung auf dem Acker in den ohnehin gebeutelten Kassen der Landwirte. Aus Naturschutzgründen könnten ehemaliges Grünland und Moore wieder in ihren Urzustand zurückgeführt werden – doch die Einnahmeausfälle wären erheblich.

Viel spricht dafür, die Landwirtschaft als Rohstofflieferant für Biogas nachhaltig weiter zu entwickeln. Das Konzept des „Biogas – fatto bene“ aus Italien empfiehlt schon seit Jahren die Nutzung von Substraten aus nachhaltigen Anbausystemen, den sparsamen Einsatz von Agrarchemikalien und den Aufbau des Humusanteils im Boden.    

Bisher waren Betreiber gezwungen, die Ertragsmengen der Substrate zu maximieren. Zukünftig könnten mehrjährige Pflanzen und artenreiche Blühpflanzenkulturen zum Insektenschutz, zu Artenvielfalt und zur Gewässerschonung beitragen. Der Aufwuchs gerade dieser Kulturen ist ideal für die energetische Nutzung in Biogasanlagen. Der wirtschaftliche Wert als Biogassubstrat senkt die Kosten für eine Förderung solcher Naturschutzkulturen.

Anbausysteme, die den Humusanteil im Boden fördern und auf diese Weise Kohlenstoff binden, könnten dabei eine wachsende Rolle spielen. Die Landwirte sollten im Zuge der anstehenden Reform der „gemeinsamen Agrarpolitik“ für diese Leistungen belohnt werden. 

Die Bindung von Kohlenstoff reduziert den CO2-Anteil in der Atmosphäre. Genauso, wie die Freisetzung von CO2 zum Kauf von Emissions-Zertifikaten verpflichtet, kann die nachhaltige Entnahme von CO2 („negative Emission“) zertifiziert und zum Beispiel an „Carbon Offset“-Systeme verkauft werden.

Damit kann die Landwirtschaft zum Klimaschutz beitragen und der Klimaschutzeffekt im Gegenzug ein zusätzliches Einkommen für den Landwirt erzielen. So, wie aufwachsender Wald und beweidetes Dauergrünland den Humusgehalt des Bodens mehren, kann dies auch durch Ackerbausysteme, vorzugsweise mit Zwischenfruchtanbau, oder durch mehrjährige Pflanzen wie die durchwachsene Silphie erreicht werden.

interregDazu hat sich im Rahmen Interreg North Sea Region und mit Unterstützung der Europäischen Union ein Forschungskonsortium mit Institutionen aus Belgien, Norwegen, den Niederlanden und Deutschland zusammengefunden. Die deutschen Partner des Forschungsprojektes „Carbon Farming“ waren das Thünen-Institut für Agrarklimaschutz und das 3N Kompetenzzentrum Niedersachsen, Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie e.V.. Die Ergebnisse wurden Ende 2019 in der Tagung "Kohlenstoffspeicherung als neues Geschäftsmodell für Landwirte" im Rahmen der Agritechnica 2019 vorgestellt.

Nach Messungen an über 3.000 Bodenprofilen im Abstand von bis zu 8 Jahren verliert der Ackerboden in Deutschland im Mittel permanent Humus, wie die Ergebnisse der Bodenzustandserhebung des Thünen-Instituts (Braunschweig) eindrücklich belegen. Zur Sicherung der Fruchtbarkeit unserer Lebensgrundlage muss dringend etwas gegen die schleichende, kontinuierliche Minderung der Fruchtbarkeit und die sinkende Feuchtespeicherfähigkeit des Ackerbodens unternommen werden. Die Rückkehr zu Wald oder Weideland ist nur begrenzt möglich. Deshalb muss die Landwirtschaft selbst für die Humusmehrung sorgen – das weiß im Grunde jeder Landwirt. Doch der enorme Produktivitätsdruck und die ertragsoptimierten Kultursysteme stehen dem in der Praxis entgegen.

Deshalb muss die Agrarförderung umgestellt und auch ökonomisch Anreize für den aktive Klimaschutz angeboten werden, um die Ertragsminderung bei klimaschonendem Wirtschaften auszugleichen. Genau das wird durch eine Vergütung für das nachweislich gebundene Treibhausgas CO2 durch die Humusmehrung möglich. Es gibt inzwischen mehrere Zertifizierungssysteme, durch die Landwirte bereits heute Geld verdienen.

blumenDer australische Mikrobiologe und Klimaforscher Walter Jehne weist darauf hin, wie wichtig der humusreiche und poröse Boden ist, der wie ein gigantischer Schwamm ausgleichend auf den globalen Wasserhaushalt wirkt. Die Fähigkeiten dieses Wasserspeichers hängen unmittelbar mit der Menge des oberflächennah gespeicherten organischen, also kohlenstoffhaltigen Materials im Oberboden zusammen. Die Mehrung des fruchtbaren Bodens sieht Jehne grundlegend für die zukünftige Ernährungssicherheit, wie auch als Schlüssel für erfolgreichen Klimaschutz. Nur wenn die Minderung der Emissionen aus fossilen Brennstoffen außerdem durch die erneute Bindung von Kohlenstoff im Boden ergänzt wird, kann die Erderwärmung auf ein noch erträgliches Maß begrenzt werden, wie auch seine Kollegin Dr. Christine Jones betont. Ausführlich (englisch) hier.

Doch nicht nur das Ackerland ist wichtig. Schon lange warnen  Wissenschaftler und die Umweltbewegung vor der „Dersertification“, der scheinbar unaufhaltsamen Ausbreitung von Wüsten auf bisherigem Dauergrünland. Auch dies führt zur Erosion von Böden, zum schnellen Abfluss der raren Niederschläge und zu höheren Temperaturschwankungen.

Der in Afrika aufgewachsene Ökologe Allan Savory hat eine Lösung: Die nachhaltige, geplante Nutzung als Weideland durch wandernde Herden und den dadurch geförderten Aufbau von speicherfähiger, fruchtbarer Erde.

Zwar scheint die Überweidung durch Tiere zur Verwüstung beizutragen. Doch die Beweidung durch bewegliche Herden ist das genaue Gegenteil: es sichert die natürlichen Kreisläufe, die Verwertung des Pflanzenaufwuchses und die Rückführung der Nährstoffe im Dung und ihre Einarbeitung in den Boden. Auch dies wird ein unverzichtbarer und dringender Beitrag zum Klimaschutz. Es ist auch ein Trost für alle Flexitarier: Der Klimaschutz führt zwar unbedingt zu weniger Fleischkonsum. Aber die Weideflächen dieser Welt – auch in Europa – sind enorm wichtig für den Klimaschutz und sie werden weiter für Tiere genutzt werden. Wer keine ideologischen Gründe hat, auf Fleischkonsum zu verzichten, kann mit gutem Gewissen auf die freilebenden Tiere zurückgreifen.

Bild: Agrokraft