Der Strommarkt in Deutschland ist durch mehrere, parellel laufende Strukturwandel gekennzeichnet. Themen sind die Energiewende, Liberalisierung und Digitalisierung.

Traditionell wurde Deutschland von großen Kraftwerken in der Nähe der Verbrauchszentren mit Energie versorgt. Die Stromverteilung erfolgte dabei in einer Richtung, von Höchst-, zu Hoch-, Mittel- und Niederspannung an die Verbraucher. Aktuell werden, dank der Energiewende, mehr als ein Drittel des Stromes aus erneuerbaren Energien bereitgestellt und auf den verschienen Spannungsebenen eingespeist (siehe Abb. 2). Die Folge ist, dass sich die Lastflüsse zeitweise umkehren und der Strom von den unteren in die oberen Spannungsebenen fließt. Das Übertragungsnetz muss nun, zusätzlich zur klassischen Stromverteilung, die regional unterschiedlich schwankenden Strommengen aus Wind und Sonne gleichzeitig erfassen und überregional ausgleichen.

Der Weg für diesen Ist-Zustand wurde durch die Liberalisierung des Strommarktes bereitet. Die frühere Monopolunternehmen mussten im Zuge von Entflechtungsmaßnahmen („Unbundling-Prozess“) in wirtschafftlich und rechtlich unabhängige Unternehmen auf den einzelnen Marktebenen aufgeteilt werden. Aus wenigen großen Energieversorgern wurden Kraftwerksbetreiber, Übertragungs- oder Verteilnetzbetreiber und oft regionale Versorger. Neue Stadtwerke entstanden und Märkte sowie Netze wurden für neue Akteure geöffnet.

Der althergebrachte, langfristige Stromhandel auf Terminmärkten wird wegen der nur täglichen Prognostizierbarkeit der wetterabhängigen Energieerzeugung zunehmend durch den reaktionsschnellen Spotmarkt abgelöst. Gehandelt werden kurzfristige „day ahead“ (einen Tag voraus) und „intraday“ (kontinuierlicher Handel) Kontrakte.

Handelsplatz für Deutschland sind die Börsen EEX (European Energy Exchange AG) und EPEX SPOT SE (European Power Exchange) mit Sitz in Leipzig und Paris.

Die für ihren jeweiligen Bilanzkreis verantwortlichen Marktakteure gleichen kurzfristige Differenzen im wachsenden Maß durch den Intradayhandel aus.

Wenn der Handel Abweichungen nicht verhindern kann, sorgen die Übertragungsnetzbetreiber über den Einkauf von „Regelenergie“, die sowohl positiv als auch negativ sein kann, für gleichbleibende Spannung und Frequenz im Stromnetz (für weitere Informationen siehe Kapitel 2.4 Wichtig für Stromnetze: Systemdienstleistungen).

Das effiziente Zusammenspiel der Akteure auf dem Energiemarkt wird zunehmend digitalisiert. Mit der automatisierten Verarbeitung von z. B. Erzeugungsprognosen, Betriebsplänen und ausgleichenden Handelsgeschäften ist das „Internet of Things“ (IoT) auch im Stromnetz angekommen.

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Abbildung 2: Die Akteure der Stromversorgung auf den verschiedenen Spannungsebenen, Quelle: AEE (2011)