2020: Politische Weichenstellungen für KWK

Stromerzeugung in Grundlast wird in Zukunft nicht mehr gebraucht. Regelbare Stromerzeuger müssen gezielt zur Deckung der Residuallast betrieben werden - also ruhen, wenn Wind und Sonne genug Strom liefern. Ohne den nötigen Strukturwandel verlieren die KWK-Anlagen ihre Existenzberechtigung - und perpektivisch auch ihre Förderwürdigkeit.

Damit der Umbau gelingt, müssen die politischen Rahmenbedingungen angepasst werden. Dies zu unterstützen, ist die wichtigste Aufgabe der Flexperten im Jahr 2020.

Auch wenn es noch nicht danach aussieht: Der kräftige Zubau von erneuerbaren Energien ist dringend geboten, unverzichtbar, und ohnehin ökonomisch vorteilhaft. Umso dringender müssen alle trägen fossilen Kraftwerke vom Netz.

Die KWK muss flexibler werden

Die Bundesnetzagentur beklagt, dass jährlich 1,5 Mrd.€ Kosten für das Netzmanagement anfallen, weil schon die aktuelle Einspeisung erneuerbarer Energien das Netz zeitweilig zu hoch belastet. Gleichzeitig waren über 20 GW „preisunelastischer Erzeugungsleistung“ am Netz. Diese speisen Strom ins Netz ein, obwohl die Stromerlöse minimal oder sogar negativ sind. Der größte Teil davon geht auf die unelastische Erzeugung von fossilen Großkraftwerken zurück. Eine weitere wichtige Ursache liegt in der Kraftwerksleistung aufgrund von gleichzeitigem Bedarf an Wärme, auch bei gasbetriebenen KWK-Anlagen, die eigentlich flexibel betrieben werden könnten.

Die Kraft-Wärme-Kopplung darf aber nicht zum Hemmschuh der Energiewende werden, denn sie wird für die Ergänzung der erneuerbaren Energien benötigt.

KWK-Novelle: klare Zeichen setzen!

Deshalb sollten erst recht alle neuen regelbaren Erzeugungsanlagen so konzipiert werden, dass gezielt dann Strom einspeisen, wenn die nicht steuerbaren „Erntemaschinen“ für Wind und Sonne nicht liefern. Auch der KWK-Anlagenbestand zur Wärmeversorgung sollte vordringlich so weiterentwickelt werden, dass sie zukünftig in kürzeren Zeiten zur Stromerzeugung betrieben werden kann. Das erfordert eine Neujustierung der politischen Steuerung.

Fördergrenze von 3.500 Jahresstunden begünstigt Flexibilisierung

Der Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes enthält eine Novellierung des KWK-G und ändert die KWK-Förderung für in das Stromnetz eingespeisten KWK-Strom. Auch für Anlagen unter 1.000 kW Leistung soll der KWK-Zuschlag für maximal 3.500 Stunden Volllast pro Jahr gezahlt werden. Das galt bisher nur für Anlagen über 1 MW Leistung. Die Ausweitung dieser Regelung war auch im Evaluierungsbericht (von Prognos, IFAM et al.) empfohlen worden – allerdings in einer schrittweisen Annäherung.

Um einen gegebenen Wärmebedarf in dieser verkürzten jährlichen Betriebszeit zu erbringen, muss das BHKW also höhere Leistung haben. Zwischenzeitlicher Wärmebedarf muss aus einem Pufferspeicher gedeckt werden. Das Förderkontingent von 30.000 Stunden wird nicht gekürzt, aber auf über 8 Jahre gestreckt.

Diese Vorgabe regt also die erwünschte Flexibilisierung der Anlagen an. Dafür muss mehr investiert und eine längere Amortisationsdauer in Kauf genommen werden. Es führt aber auch zu einer besseren Wirtschaftlichkeit: durch die höhere Fördersumme für das leistungsfähigere BHKW, durch höheren Anteil KWK-Wärme in der Versorgung und durch die höheren Stromerlöse in den Hochpreiszeiten.

Konkrete gesetzliche Vorgaben werden allerdings von den Akteuren als Gängelung wahrgenommen. und deshalb in der Branche kontrovers diskutiert.

Eine Umsetzung in bereits laufenden Projekten würde tatsächlich lästige Umplanungen auslösen. Das wäre durch eine Übergangsfrist lösbar.

Längere Übergangsfrist für kleine BHKW

Für Anlagen unter 100 kW Leistung hat die Stundenbegrenzung bisher kaum Nutzen. Da kleine KWK-Anlagen bisher nicht in der Direktvermarktung einspeisen, fehlt der Preis als Steuersignal für den bedarfsorientierten Betrieb. Perspektivisch müssen aber auch die kleineren Anlagen vom Bedarf im Stromnetz gesteuert werden, denn tausende Mini-BHKW speisen in jährlicher Summe immerhin 8 TWh Strom ein. Es wäre sinnvoll, Anreize zu setzen, um auch den Schwarm kleinerer Anlagen in den Strommarkt zu integrieren.

Ausschreibungspflicht: Feste KWK-Zuschläge auch für größere Anlagen

Bei Anlagen, die bisher für bis zu 1.000 kW Grundlast geplant waren, muss für den flexiblen Betrieb eine höhere Leistung installiert werden. Bei Anlagen über 1.000 kW wirkt die verpflichtende Teilnahme an der Ausschreibung als Hemmnis und damit der gewünschten Flexibilisierung entgegen. Das spricht für eine höhere Grenze bei der Ausschreibungspflicht.

Ausschreibungen überdenken

Generell gilt, dass die Genehmigungs- und Ausschreibungsverfahren bei vielen Akteuren nicht zu den Entscheidungsprozessen passen. Höhere Sicherheit bei der Planung und Projektentwicklung kann die Risikoaufschläge und damit auch die Gesamtkosten wirksamer senken als das Ausschreibungsverfahren. Daher sollten KWK-Anlagen bis 10 MW Leistung (oder höher) von der Ausschreibungspflicht befreit werden. Idealerweise würde eine Begrenzung von der installierten Leistung auf die jährliche Strommenge umgestellt, z.B. von 10 MW auf 35 TWh/Jahr.

Das Ausschreibungsvolumen für Anlagen zwischen 1 und 50 MW wurde bei der KWK-Ausschreibung im Dezember 2019 mit nur 12 Zuschlägen erstmals nicht ausgeschöpft. Der mittlere KWK-Zuschlag stieg auf über 5 Ct/kWh, also über die Förderhöhe bei kleineren Anlagen. Die erhoffte Preissenkung durch den Wettbewerb verkehrte sich bei dieser Runde also ins Gegenteil. Offenbar wirkt die Ausschreibung obendrein abschreckend; Investoren bevorzugen fest kalkulierbare Anreize, die unter 1 MW und über 50 MW Leistung gewährt werden.

innovative Wärme - Bonus oder extra-Ausschreibung?

Als zusätzliches Element enthält die KWK-G-Novelle für Anlagen über 1 MW einen Bonus, der sich nach dem Anteil der „innovativer erneuerbarer Wärme“ richtet (Wärme aus Solarthermie, Wärmepumpe oder Biomasse). Die Anforderungen ähneln denen der speziell ausgeschriebenen „innovativen KWK“, die einen starren Mindestanteil von 30 % für innovative Wärme und zusätzlich einen elektrischen Wärmerzeuger verlangt.

Die Ausschreibung für innovative KWK für die Kombination mit regenerativer Wärmeerzeugung war überzeichnet, zumal mit bis zu maximal 12 Ct/kWh (realisiert: maximal 11,2 Ct/kWh) für 45.000 Betriebsstunden sehr attraktive KWK-Zuschläge angeboten werden.

Statt immer komplexerer Förderbedingungen könnte es effizienter sein, die konventionelle und ineffizienten Erzeuger mit den wahren Kosten der CO2-Emissionen zu belasten – damit würden KWK-Anlagen auch ohne Subventionen wirtschaftlich.

KWK-Anlagen zur Strom-Eigenversorgung in den Markt integrieren

KWK-Anlagen in der Industrie werden (ab 100 kW Leistung) nicht mehr direkt gefördert, sondern sind durch eingesparte Steuern, Abgaben und Umlagen wirtschaftlicher als der Strombezug aus dem Netz. So muss für den Stromverbrauch nur eine auf 40 % reduziert EEG-Umlage bezahlt werden.

Allerdings fehlt auch hier noch die Integration der Stromerzeugung in den Strommarkt. Es macht klimapolitisch keinen Sinn, BHKW mit fossilem Erdgas Strom erzeugen zu lassen, wenn gleichzeitig die nicht steuerbare Erzeugung von Windstrom abgeregelt und entschädigt wird. Die Integration ist möglich, indem Steuern und Abgaben dynamisiert werden, sich also nach dem Marktwert des Stroms und nicht nach der Menge richten. Auch eine Kontingentlösung („net-metering“-Modell) ist möglich und sollte zwischen Branche und Politik diskutiert werden.

An diesen Veränderungen arbeitet das Netzwerk Flexperten im politischen Raum, damit die dezentrale KWK ihren Beitrag zur Energiewende leisten kann.

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