Biogas und Methan – nur Sorgfalt schützt von Klimaschäden!

Erdgas, das aus unzureichend gesicherten Systemen entweicht, ist Teil des Klimaproblems und keine Lösung. Hans-Josef Fell zitiert eine aktuelle Studie der NASA, die den erschreckenden Klimaeinfluss von Erdgas zeigt.

Viele Experten glauben daran, dass Biogas und Erdgas, also Methan, ein wichtiger Energieträger bleiben wird. Aber der Energiewende-Vorkämpfer Hans-Josef Fell legt einen Finger in die Wunde: Methan in der Umwelt ist ein gefährliches Treibhausgas, möglicherweise noch wirksamer als bisher angenommen.

Kritik und Warnungen an Klimakillern sind sehr ernst zu nehmen. Methan, das durch Lecks in Gasspeichern oder in Motoren unverbrannt entweicht, gilt als Treibhausgas und etwa als 20 – 30 Mal wirksamer als CO2. Wo es Lecks gibt, müssen sie dringend vermieden werden. Die Methan-Wirtschaft, gleich ob fossil (übergangsweise), biogen oder synthetisch, muss sich, wenn sie eine positive Rollenspielen soll, strengen Anforderungen stellen, z.B. die Qualität des Gasnetzes, der Methanschlupf in Verbrennungsmotoren, die Sorgfalt beim Umgang und beim Transport. Auch die wirtschaftlichen und politischen Hintergründe des noch verwendeten fossilen Methans können kritisch sein, wie der Konflikt um die Erdgaspipeline durch die Nordsee zeigt.

Hans-Josef Fell schreibt dazu:

Allgemein wird angenommen, dass Gas ein klimafreundlicher Energieträger sei, der gemeinsam mit den Erneuerbaren Energien den Klimaschutz voranbringt. Das die Kohle ablösende Erdgas trage wesentlich zur Reduktion von CO2-Emissionen bei, so die Argumentation.

In der Tat sind die CO2-Emissionen von Erdgas deutlich geringer als die von Kohle und Öl. Für die Klimabewertung von Erdgas sind die CO2-Emissionen jedoch nicht erschöpfend, denn obgleich Erdgas in der Verbrennung CO2-ärmer ist, werden in der gesamten Prozesskette mehr Klimagasemissionen als bei Kohle oder Erdöl produziert. Denn bei der Förderung und dem Transport von Erdgas wird erheblich Methan ausgestoßen – und die Wirkung von Methan ist wesentlich klimaschädlicher als die von CO2.

Die CO2-Äquivalente von Methan werden aktuell noch mit dem veralteten Faktor 25 (100-Jahreswert) aus dem IPCC-Bericht von 2007 verwendet (IPCC, Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen). Um die Treibhausgasemissionen und somit die Erreichung der Klimaziele richtig zu berechnen, muss das Berechnungsmodell dringend angepasst werden. Laut aktuellen IPCC-Zahlen ist der Treibhauseffekt von Methanemissionen in den ersten 20 Jahren 84 - 87 Mal und in den ersten 100 Jahren 34 - 36 Mal stärker als der von CO2.

Die während der COP23 in Bonn initiierte internationale „Put Climate on Pause Coalition“ bestehend aus NGOs und Wissenschaftlern hat es sich zum Ziel gesetzt, über die UN weltweit die Regierungen dazu veranlassen, endlich die aktuellen IPCC-Zahlen zu verwenden und den 20-Jahreshorizont bei der Berechnung von Klimamodellen zu beachten. (www.putclimateonpause.org)

Was schon einige Studien vorher aufgedeckt hatten, hat nun eine neue Studie der NASA noch einmal bestätigt. Die Studie betont nicht nur, dass der drastische Anstieg von globalen Methanemissionen im letzten Jahrzehnt zum Großteil auf die Industrie fossiler Brennstoffe zurückzuführen ist, sondern auch dass der Anstieg wesentlich größer ist als bisher gedacht.

(https://thinkprogress.org/methane-leaks-erase-climate-benefit-of-fracked-gas-countless-studies-find-8b060b2b395d/,

https://www.nasa.gov/feature/jpl/nasa-led-study-solves-a-methane-puzzle/)

Laut NASA-Studie ist die Methanmenge in unserer Luft pro Jahr um 25 Teragramm gestiegen, was in etwa dem Gewicht von 5 Millionen Elefanten entspricht. Davon sollen etwa 17 Teragramm allein durch fossile Brennstoffe entstanden sein.

Der Mythos der klimafreundlichen Alternative Erdgas wird hierzulande nicht nur von der Öl- und Gasindustrie und von Wirtschaftsverbänden, sondern auch vom Wirtschaftsministerium und selbst dem Umweltbundesamt (UBA) aufrechterhalten.

(http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/konventionelle-energietraeger.html,

https://www.boell.de/de/2015/11/30/erdgas-fracking-klimawandel-gas-ist-keine-loesung-sondern-teil-des-problems)

In der letzten Publikation des UBA „Bewertung der Vorkettenemission bei der Erdgasförderung in Deutschland“ werden die vorgenannten wesentlichen Erkenntnisse weiterhin bei der Betrachtung der echten Klimabilanz von Erdgas ignoriert. (https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/bewertung-der-vorkettenemissionen-bei-der)

Es gibt auch – trotz mehrfacher Aufforderung - keinen Ansatz die bekannten und signifikanten Wissenslücken zu schließen, um zu einer wahren Klimabilanzbetrachtung von Gas zu kommen. Dies, obwohl schon länger bekannt ist, dass die Methanemissionen der Öl-/ Gasindustrie in Deutschland von der Industrie selbst geschätzt werden. Auf die Notwendigkeit, Methanemissionen aus der Produktion, Lagerung, Transport und Verbrauch in Deutschland endlich messen zu müssen, hatte das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) Potsdam bereits in seiner 2016er Studie „The Uncertain Climate Costs of Natural Gas“ hingewiesen. (http://www.iass-potsdam.de/sites/default/files/files/wp_dec_2016_en_uncertain_climate_cost_of_natural_gas.pdf)“

Soweit zur plausiblen Kritik. Hans-Josef Fell zieht daraus den Schluss, dass Erdgas nicht als Übergangslösung in Frage komme, sondern man technologisch direkt zu emissionsfreien Technologien wechseln müsse.

Das ist einerseits eine gute Idee, aber sie blendet aus, dass eine große Menge Erdgas ständig gefördert transportiert und genutzt wird. Das ist nicht von heute auf morgen zu stoppen, und deshalb muss man zunächst die Forderung nach einer Minimierung der Leckagen stellen. Nach der Bewertung, wie weit man damit kommen kann, stellt sich natürlich auch die Frage, wie weit man natürliches oder synthetisches Methan als Energieträger weiterhin nutzen kann.

„Die entscheidenden politischen Klimaschutzinstrumente sind die, die das private Kapital direkt in die Investitionen von Nullemissionstechnologien fließen lassen. Die EEG-Einspeisevergütung ist das Paradebeispiel dafür, wie das bestens funktioniert. Alle anderen Maßnahmen, insbesondere die Umstellung von Kohle auf Erdgas, sind massiv kontraproduktiv. Denn durch die Annahme, dass Erdgas ein klimafreundlicher Ersatz für Kohle sei, konkurriert Erdgas mit den Erneuerbaren und verzögert so deren raschen Ausbau.“

Auch diese These muss man differenziert ansehen, denn flexibel erzeugter Strom aus Biogas kann nicht durch Wind oder Sonnenstrom ersetzt werden. Er wird ja nur eingespeist, wenn Wind und Sonne fehlen. Damit stellt sich die Frage einer Systemkonkurrenz: flexible BHKW-Einspeisung einerseits oder Windstrom plus Batterien anderseits. Diese Frage ist bisher eindeutig: Das was wir dafür benötigen, schaffen Batterien auf lange Zeit (noch) nicht. Dafür brauchen wir flexible BHKW!

Die Diskussion ist wichtig und wir bleiben dran!