Abgaswerte für BHKW verschärft: In Zukunft mit SCR-Kat!

Die europäische Richtlinie für mittelgroße Feuerungsanlagen MCPD verlangt von den Mitgliedsstaaten, zur Luftreinhaltung schärfere nationale Grenzwerte umzusetzen. Mit der 44. BImSchV wurden unter dem Eindruck des Dieselskandals neue Grenzwerte auch für BHKW erlassen, die sogar strenger sind als die MCPD verlangt. Der Fachverband Biogas hat sich dafür engagiert, dass ältere BHKW nicht mehr nachgerüstet werden müssen, wenn sie noch länger Bestandteil einer flexiblen BHKW-Anlage sind.

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Nach aktuellem Stand ist zu erwarten, dass der Grenzwert für NOx auf 0,1 g/m³ gesenkt wird (inklusive Rundung maximal = 149 mg/m³). Für Methanschlupf und Kohlenwasserstoffe im Abgas gilt als maximaler Gesamtgehalt 1,3 g/m³ = 1349 mg/m³. Das ist nur mit sauberem Biogas und einem SCR-Kat zu erreichen.

Als Übergangsfristen wird voraussichtlich gelten, dass ab 1.1.2023 alle neuen Biogasanlagen diese Werte einhalten müssen. Wahrscheinlich gilt das auch für alle neuen Motoren, die einer Anlage (unter dem Anlagenbegriff nach EEG) hinzugefügt werden. Einen weitgehenden Schutz vor teurer Nachrüstung bekommen aber wohl bestehende Anlagen im Sinne der 44. BImSchV. Gemeint sind damit Anlagen, die vor 2019 in Betrieb genommen wurden oder für die vor 2018 eine Genehmigung erteilt wurde. Diese bestehenden BHKW müssen erst einen SCR-Kat nachrüsten, wenn sie noch im Jahr 2029 und länger betrieben werden.

Die Grenzwerte und Übergangsfristen sind derzeit nur Zwischenergebnisse der Ressortabstimmung. Ob und wie diese Kompromisse das Bundesratsverfahren und Bundestagsverfahren überstehen, bleibt abzuwarten. Der Fachverband Biogas wird berichten.

Den jeweils aktuellen Stand der Emissionsvorschriften findet man sehr übersichtlich beim VDMA.

Das sagen Flexperten aus dem Netzwerk

Der Katalysatorspezialist Dirk Goeman (Emission Partner) beruhigt dazu: Der Grenzwert von 149 mg NOx/Nm3 entspricht dem, was die LKW-Branche seit 2012 durchaus erfolgreich einhält. Das gilt, obwohl LKW im transienten Fahrzyklus laufen, also bei unterschiedlichen Drehzahlen und Last. Der Grenzwert ist für LKW viel schwieriger zu erreichen, als auf einem Gasmotor, der stationär in einem Lastpunkt meistens fährt. Was also die LKWs schon seit 2012 können, darauf wurde seit 2006 hin entwickelt, sollten BHKWs leicht erreichen können.

Eine Übergangsfrist bis 2023 sollte der BHKW-Industrie auch ausreichend Zeit geben, zumal die 100 mg NOx für alle BHKW über 1.000 kW elektrisch in Holland heute schon Pflicht sind. Kalifornien und USA haben strengere Abgasnormen. Die Grenzwerte sind für neue BHKW technisch keine große Herausforderung mehr.

Der Motorenexperte Michael Wentzke (IG Biogasmotoren) weist darauf hin, dass im SCR-Kat-Betrieb das Gemisch bei Lambda ca. 1,3 gefahren werden kann. Der Motor hat dann einen höheren mechanischen Wirkungsgrad, der den Biogasverbrauch reduziert. Messungen bei MWM-Gasmotoren von 800 kW bis 4.500 kW die Amortisation der höheren SCR-Kat-Kosten mit ca. 2 bis 3 Jahren beziffert, wie auf der jüngsten Planertagung von Caterpillar Energy Systems publiziert wurde.

Der BHKW-Lieferant Marco Weiß (ETW) ist etwas skeptischer über den verbesserten Wirkungsgrad und befürchtet, dass es nicht ganz ohne Kostenbelastung gehe. Die Annahme, dass es sogar Kostenvorteile bringe, müssen erst noch bewiesen werden. Sie gilt auch eher für das teure Biogas, bei dem jedes % Wirkungsgradverbesserung etwa 0,3 Ct/kWel einspart. Da Erdgas billiger ist, wirkt der Einspareffekt ökonomisch schwächer.

Unser Fazit:

Für Biogas-Bestandsanlagen gilt, dass bei den meisten Anlagen mit Vor-Ort-Verstromung ohnehin große BHKW hinzugebaut werden müssen, die dann selbstverständlich mit dem SCR-Kat ausgerüstet sein werden – das deckt die Flexprämie. Wer erst kürzlich investiert hat, dürfte den nötigen Bauraum auch schon eingeplant haben (darauf hatten die Flexperten frühzeitig hingewiesen).

Wenn noch alte, kleinere Bestands-BHKW als Teil der Anlage in Betrieb bleiben, werden diese im flexiblen Betrieb eher nur selten eingesetzt, sondern als Redundanz, für positive Regelleistung oder bei seltenen besonderen Marktbedingungen in Betrieb gehen. Für Verbrennungsmotoranlagen, die bis zu 300 h pro Jahr zur Abdeckung der Spitzenlast (z. B. bei der Stromerzeugung, der Gas- oder Wasserversorgung) betrieben werden, gelten die Grenzwerte für NOx und CO-Emissionen voraussichtlich weiterhin nicht (TA Luft). Wenn Motoren mehr laufen sollen, müssen sie eben nachrüsten: lieber früher als später.

Generell steht der Biogasbranche gut zu Gesicht, für saubere Abgase aus den BHKW zu sorgen. Der Kampf um die Luftreinhaltung findet im Windschatten des Dieselskandals und um die Systemkonkurrenz e-Mobilität vs. Verbrennungsmotoren statt.

Beim Biogas könnten die neuen Standards im Zuge der Flexibilisierung zu einer Modernisierung der BHKW führen, in deren Folge die Biogas-Stromerzeugung Technologie nachhaltig, effizient, sauber und zukunftsfähig wird.